#FridayFacts: „Kann Spuren von Gluten enthalten“ – Was bedeutet das für mich als Zöli?

Disclaimer: Ich bin keine Ärztin. Diese Aufstellung basiert auf meinem persönlichen Wissensstand als Betroffene. Ich recherchiere alle meine Informationen sorgfältig. Dieser Artikel behandelt das Thema zum Spurensatz in Österreich und Deutschland. In anderen Ländern ist der Spurensatz womöglich anderes geregelt.

Der Spurensatz oder auch Spurenhinweis genannt: „Kann Spuren von Gluten enthalten“ auf Lebensmitteln löst immer wieder Verwirrung aus. Was bedeutet der Satz genau? Und können wir Zöliakie Betroffene ein Produkt mit Spurensatz trotzdem essen?

Auch ich war anfangs total verunsichert

Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie ich wenige Tage nach meiner Zöliakie Diagnose auf der Suche nach Kartoffelchips war. Jede Packung, die ich in die Hand genommen habe, hatte den Spurensatz aufgedruckt.

Ganz verzweifelt hab‘ ich dann, nachdem ich in drei verschiedenen Supermärkten war, eine Chipspackung ohne Spurenhinweis gefunden. Dafür um 6 Euro. „Was solls?“ Dachte ich mir damals.

„Ich darf schließlich kein Gluten essen und auch keine Spuren davon.“

Kartoffelchips

Die steile Lernkurve eines Zöli

Inzwischen – nach vielen Jahren als Zöli – bin ich schlauer geworden und hab gelernt was es mit dem Spurensatz wirklich auf sich hat. Dieser sogenannte Spurensatz oder Spurenhinweis hat eine reine rechtliche Bedeutung.

Die Hersteller dieser Produkte sichern sich lediglich mit dem Zusatz „Kann Spuren von Gluten/Weizen etc. enthalten“ rechtlich davon ab, zur Verantwortung gezogen zu werden, falls es doch mal zu einer Kontamination kommen könnte.

Denn wird in einem Werk sowohl glutenfrei, als auch glutenhaltig produziert, so kann eine Kontamination nie zu 100% ausgeschlossen werden. Völlig unabhänging davon, ob der Spurensatz auf dem Produkt aufgedruckt ist oder nicht.

Der Spurensatz sagt deswegen nichts über tatsächliche Spuren aus!

Der Spurenhinweis bedeutet nicht, dass tatsächlich Gluten oder Spuren davon im Produkt enthalten sind!

Der Spurensatz ist nicht gesetzlich geregelt

Ganz wichtig: Der Hersteller könnte diesen Spurensatz genauso NICHT auf das Produkt schreiben. Es gibt keine rechtlichen Verpflichtungen, ob der Spurensatz auf dem Produkt stehen muss oder nicht. Durch diese fehlende gesetzliche Regelung ist es unlogisch nur Produkte ohne Spurenhinweis zu essen. Ein Produkt ohne Spurenhinweis kann genauso sicher oder unsicher sein, wie mit dem Spurenhinweis.

Das bedeutet, dass das idente Produkt einmal mit und einmal ohne Spurensatz verkauft werden kann. Das zeigt, dass das Vorhandensein des Spurensatz‘ auf einem Produkt keinerlei Aussagekraft hat.

Kartoffelchips Darstellung
Ein Produkt hat den Spurenhinweis. Das andere Produkt nicht. Beide Produkte sind gleich sicher (oder unsicher). Die Zutaten sind ident.

Die Qualitätsvorschriften zur Produktion von Lebensmitteln sind in der EU äußerst streng. Auf eine Kontamination wird sorgfältig geachtet und Maschinen und Geräte werden gründlich gereinigt vor jeder Produktion, da bleiben in der Regel keine Spuren zurück.

Eine Kontamination kann nie 100%ig ausgeschlossen werden. Genauso wenig, kannst du ausschließen, dass das Flugzeug am Weg in den Urlaub abstürzen wird. Trotzdem fliegst du. Trotzdem essen wir nicht nur Obst und Gemüse. Einfach weil das Risiko so verschwindend gering ist.

Bei einzelnen Produkten besteht ein erhöhtes Kontaminationsrisiko. Dieses Kontaminationsrisiko hat allerdings nichts mit dem Spurensatz zu tun. Dazu gleich mehr.

Das bedeutet:

Steht in der Zutatenliste keine glutenhaltige Zutat ist und es besteht kein Kontaminationsrisiko (wie zB. bei Mais), so ist das Produkt grundsätzlich glutenfrei.

Es gibt in Deutschland und Österreich kein verstecktes Gluten bei Lebensmitteln! Die Zutatenliste endet mit der letzten Zutat und einem anschließenden Punkt. Der Spurensatz kommt erst danach. Ist in einem Produkt Gluten enthalten, dann muss es auch in der Zutatenliste aufscheinen. Solange es keine gesetzliche Regelung zum Spurensatz gibt, ist dieser einfach nicht aussagekräftig.

Auch hier wieder der Hinweis, dass diese Regelung in der Schweiz und in anderen Ländern anderes gehandhabt wird. Alles was ich hier schreibe gilt für Österreich und Deutschland.

Ich habe wieder ein paar Beispiele zur besseren Veranschaulichung erstellt:

Zutaten:
Kartoffeln 55%, Wasser, Zwiebeln 5%, Rapsöl, Salz,
Säureessig, Säuerungsmittel: Citronensäure, Gewürze, Gewürzextrakte, Antioxidationsmittel: Ascorbinsäure, Süßungsmittel: Saccharin, Farbstoff: Riboflavin. Kann Spuren von Gluten enthalten.

In diesem Produkt ist keine glutenhaltige Zutat enthalten. Der Spurensatz kommt nach dem Ende der Zutatenliste und ist irrelevant. Das Produkt ist glutenfrei.

Zutaten:
Kartoffeln 38%, rote Kartoffeln 38%, Sonnenblumenöl, Meersalz 1,2%. Enthält Spuren von Mich und Gluten.

Auch dieses Produkt ist laut den enthaltenen Zutaten glutenfrei. Der Spurensatz kann auch hier ignoriert werden.
Zutaten:
Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter, fettarmes Kakaopulver, Butterreinfett, Emulgator (Sojalecithin), Aroma, Vollmilchpulver, Kakao: 70% mindestens. Kann Weizen enthalten.
Auch hier gilt. Das Produkt ist laut Zutatenliste glutenfrei. Der Spurensatz kann auch hier ignoriert werden.

„Aber meine Ernährungsberaterin hat gesagt, dass ich keine Spuren essen darf!“

– diesen Satz höre und lese ich oft. Und da hat sie auch Recht! Mit Zöliakie dürfen wir kein Gluten und auch keine Spuren davon essen.

Der Spurensatz auf einem Produkt hat jedoch nichts mit tatsächlichen Spuren zu sein. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Ja, du brauchst einen separaten Toaster und deine eigene Marmelade. Der Spurensatz auf einem Produkt kann jedoch ignoriert werden, weil er nichts über wirklich enthaltene Spuren aussagt.

Weitere Beispiele für Produkte mit dem Spurensatz

Kann Spuren von Gluten enthalten

Zutaten

Wasser, Sahne 8,4 % (SAHNE, Verdickungsmittel Carrageen), Spargel 8 %, Palmfett, modifizierte Stärke, Speisesalz, Rapsöl, Aroma, Zucker, Hefeextrakt, SÜßMOLKENPULVER, MILCHZUCKER, MILCHEIWEIß, Zwiebeln, Verdickungsmittel Xanthan und Guarkernmehl, Stabilisator Tricalciumphosphate.
Kann Spuren von Weizen, Ei, Soja, Sellerie, Senf und Sesam enthalten.

In diesem Produkt ist keine glutenhaltige Zutaten enthalten. Es besteht keine erhöhte Kontaminationsgefahr. Es gibt kein verstecktes Gluten. Wäre etwas glutenhaltiges in dem Produkt enthalten – so müsste es auf der Zutatenliste stehen. Der Spurensatz kann – wie immer – ignoriert werden. Das Produt ist deswegen glutenfrei.

Anmerkung: Modifzierte Stärke ist immer glutenfrei, solange nichts dabei steht. Ansonsten würde es lauten „Modifizierte Weizenstärke“ oder „Modifizierte Stärke (Weizen)“.

Zutaten

Kartoffeln, Sonnenblumenöl, Steinsalz (1,2 %).
Kann Gluten und Milch enthalten.
Kann Spuren von Gluten enthalten
Auch in diesem Produkt ist keine glutenhaltige Zutaten enthalten. Bei Kartoffeln besteht keine erhöhte Kontaminationsgefahr. Der Spurensatz kann auch hier ignoriert werden. Das Produkt ist deswegen glutenfrei und ich hätte es damals einfach kaufen können.
Kann Spuren von Gluten enthalten

Zutaten

Kartoffelpulver (60%), Wachsmaisstärke, Sonnenblumenöl, Zucker, Speisesalz, SÜSSMOLKENPULVER, Zwiebelpulver, Emulgator (Sonnenblumenlecithine), JOGHURTPULVER, natürliches Aroma, Trockenmilcherzeugnis aus SAUERRAHM, Kräuter (Petersilie, Schnittlauch), Säuerungsmittel (Milchsäure, Citronensäure), Knoblauchpulver, Säureregulator (Natriumdiacetat), färbendes Lebensmittel (schwarzer Tee-Extrakt), Hefeextrakt.
Kann Spuren von GLUTEN und SESAM enthalten
Auch in diesem Produkt ist keine glutenhaltige Zutaten enthalten. Der Spurensatz kann ebenfalls ignoriert werden. Das Produkt ist glutenfrei.

Zutaten

Gefüllte Halbbitter-Schokolade mit Edel-Marzipan (40%). Zutaten: Zucker, Kakaomasse, MANDELN (15%), Kakaobutter, Invertzuckersirup, Emulgator: Lecithine (SOJA), Feuchthaltemittel: Invertase.
Kann Spuren von Erdnüssen, anderen Schalenfrüchten, glutenhaltigem Getreide, Milch und Ei enthalten.
Kann Spuren von Gluten enthalten
Und auch in diesem Produkt ist keine glutenhaltige Zutaten enthalten. Der Spurensatz kann ignoriert werden. Das Produkt ist glutenfrei.

Was bedeutet der Spurensatz bei Mehlen und bei Produkten mit einem hohen Anteil an Mehl?

Auch bei Mehlen kann der Spurensatz ignoriert werden, da er auch hier keinerlei Bedeutung hat. Worauf du jedoch bei Mehl und verarbeiteten Mais-, Reis- und Pseudogetreideprodukten unbedingt achten solltest, ist die mögliche Kontamination.

Von Kontamination spricht man dann, wenn ein eigentlich glutenfreies Lebensmittel mit etwas glutenhaltigem in Kontakt kommt und dieses somit versehentlich Gluten enthält.

Ein Beispiel dafür ist Mais. Mais, Maismehl und Produkte daraus sind prinzipiell glutenfrei. Maismehl wird jedoch in vielen Betrieben in den selben Mühlen, wie anderes Getreide gemahlen. Dadurch besteht ein erhöhtes Risiko einer Kontamination.

Bei diesen Produkten solltest du deswegen nur dezidiert glutenfrei gekennzeichnete Versionen konsumieren. Mit dem Spurensatz hat das allerdings nichts zu tun.

Mehl

„Enthält Spuren von Gluten“, „Kann Gluten enthalten“ – was bedeutet das?

Die Formulierung des Spurensatz‘ ist – wie der Satz selbst – nicht rechtlich definiert. Ob
  • „Kann Spuren von Gluten/Weizen etc. enthalten“ oder
  • „Enthält Spuren von Gluten“ oder
  • „Kann Gluten enthalten“

auf der Packung steht ist nicht relevant. Selbes gilt für „Kann Spuren von Weizen enthalten“ etc. Je nach Hersteller unterscheidet sich die Formulierung des Hinweises. An der nicht vorhandenen Aussagekraft ändert das allerdings nichts.
 
Wichtig ist, dass der Spurenhinweis nach dem Ende der Zutatenliste angegeben ist (also nach dem Punkt der letzten enthaltenen Zutat).

Soll ich nur Produkte ohne Spurenhinweis essen, um ganz sicher zu sein?

Diese Frage bekomme ich öfters gestellt. Ich esse Produkte mit Spurenhinweis. Mit der fehlenden gesetzlichen Regelung sehe ich keinen logischen Grund auf Produkte mit Spurensatz zu verzichten.

Denk auch daran, wie sehr bei der Produktion von Lebensmitteln, schon aufgrund von gesetzlichen Vorgaben, auf eine sorgfältige Reinheit und Hygiene geachtet wird.

Ab und zu treffe ich Zölis, die auf Produkte mit dem Spurenhinweis verzichten. Ich finde das eine unnötige, zusätzliche Einschränkung. Unternehmen sind nicht verpflichtet den Spurensatz anzugeben. Deswegen:

Im vollkommen identen Produkt kann einmal der Spurenhinweis angegeben und einmal weggelassen worden sein. Warum sollte ich
dann das Produkt mit dem Spurenhinweis nicht essen und das andere schon?

Jenni Marieni beim einkaufen

Auch die Deutsche Zöliakie Gesellschaft schreibt auf ihrer Webseite:

„Diese sog. Spurenkennzeichnung ist rechtlich nicht geregelt und lässt jedem Hersteller die Freiheit einen Warnhinweis auf das Produkt aufzubringen oder darauf zu verzichten.“

Die ganze Stellungnahme der DZG kannst du hier nachlesen. Update: Leider ist die Seite inzwischen nur noch für Mitglieder:innen der DZG aufrufbar.

Merk dir:

    Der Spurensatz ist nicht gesetzlich geregelt und hat deswegen keine Aussagekraft.

  Auf einem identen Produkt kann einmal der Spurensatz aufgedruckt sein oder auch nicht.

  Der Spurensatz sagt nichts über tatsächliche Spuren aus, sondern dient lediglich als Absicherung der Hersteller

  Der Spurensatz kann von uns Zöliakie Betroffenen einfach ignoriert werden.

Das ist ein weiterer Beitrag zu meiner #FridayFacts Serie. Jede Woche Freitag beantworte ich deine Fragen rund um die Diagnose, das Leben mit Zöliakie und das sichere glutenfreie einkaufen.

Jenni Marieni

Hallo! Ich bin Jenni.

Zöli. Mutmacherin. Entdeckerin. wienverliebt.

Mit meinem Blog möchte ich dir Tipps für das Leben mit Zöliakie geben und dir Mut machen, auch mit einer Autoimmunerkrankung das Leben so richtig zu genießen. Meine Liebe zu Wien ist hier genauso Thema, wie Erlebnisse aus meinem Alltag und glutenfreie Entdeckungen.