Der Spurensatz oder auch Spurenhinweis genannt: „Kann Spuren von Gluten enthalten“ auf Lebensmitteln löst immer wieder Verwirrung aus. Was bedeutet der Satz genau? Und können wir Zöliakie Betroffene ein Produkt mit Spurensatz trotzdem essen?
Auch ich war anfangs total verunsichert
Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie ich wenige Tage nach meiner Zöliakie Diagnose auf der Suche nach Kartoffelchips war. Jede Packung, die ich in die Hand genommen habe, hatte den Spurensatz aufgedruckt.
Ganz verzweifelt hab‘ ich dann, nachdem ich in drei verschiedenen Supermärkten war, eine Chipspackung ohne Spurenhinweis gefunden. Dafür um 6 Euro. „Was solls?“ Dachte ich mir damals.
„Ich darf schließlich kein Gluten essen und auch keine Spuren davon.“
Die steile Lernkurve eines Zöli
Inzwischen – nach vielen Jahren als Zöli – bin ich schlauer geworden und hab gelernt was es mit dem Spurensatz wirklich auf sich hat. Dieser sogenannte Spurensatz oder Spurenhinweis hat eine reine rechtliche Bedeutung.
Die Hersteller dieser Produkte sichern sich lediglich mit dem Zusatz „Kann Spuren von Gluten/Weizen etc. enthalten“ rechtlich davon ab, zur Verantwortung gezogen zu werden, falls es doch mal zu einer Kontamination kommen könnte.
Denn wird in einem Werk sowohl glutenfrei, als auch glutenhaltig produziert, so kann eine Kontamination nie zu 100% ausgeschlossen werden. Völlig unabhänging davon, ob der Spurensatz auf dem Produkt aufgedruckt ist oder nicht.
Der Spurensatz sagt deswegen nichts über tatsächliche Spuren aus!
Der Spurenhinweis bedeutet nicht, dass tatsächlich Gluten oder Spuren davon im Produkt enthalten sind!
Der Spurensatz ist nicht gesetzlich geregelt
Ganz wichtig: Der Hersteller könnte diesen Spurensatz genauso NICHT auf das Produkt schreiben. Es gibt keine rechtlichen Verpflichtungen, ob der Spurensatz auf dem Produkt stehen muss oder nicht. Durch diese fehlende gesetzliche Regelung ist es unlogisch nur Produkte ohne Spurenhinweis zu essen. Ein Produkt ohne Spurenhinweis kann genauso sicher oder unsicher sein, wie mit dem Spurenhinweis.
Das bedeutet, dass das idente Produkt einmal mit und einmal ohne Spurensatz verkauft werden kann. Das zeigt, dass das Vorhandensein des Spurensatz‘ auf einem Produkt keinerlei Aussagekraft hat.
Die Qualitätsvorschriften zur Produktion von Lebensmitteln sind in der EU äußerst streng. Auf eine Kontamination wird sorgfältig geachtet und Maschinen und Geräte werden gründlich gereinigt vor jeder Produktion, da bleiben in der Regel keine Spuren zurück.
Eine Kontamination kann nie 100%ig ausgeschlossen werden. Genauso wenig, kannst du ausschließen, dass das Flugzeug am Weg in den Urlaub abstürzen wird. Trotzdem fliegst du. Trotzdem essen wir nicht nur Obst und Gemüse. Einfach weil das Risiko so verschwindend gering ist.
Bei einzelnen Produkten besteht ein erhöhtes Kontaminationsrisiko. Dieses Kontaminationsrisiko hat allerdings nichts mit dem Spurensatz zu tun. Dazu gleich mehr.
Das bedeutet:
Steht in der Zutatenliste keine glutenhaltige Zutat und es besteht kein Kontaminationsrisiko (wie zB. bei Mais), so ist das Produkt grundsätzlich glutenfrei.
Auch hier wieder der Hinweis, dass diese Regelung in der Schweiz und in anderen Ländern anderes gehandhabt wird. Alles was ich hier schreibe gilt für Österreich und Deutschland.
Ich habe wieder ein paar Beispiele zur besseren Veranschaulichung erstellt:
Zutaten:
Kartoffeln 55%, Wasser, Zwiebeln 5%, Rapsöl, Salz,
Säureessig, Säuerungsmittel: Citronensäure, Gewürze, Gewürzextrakte, Antioxidationsmittel: Ascorbinsäure, Süßungsmittel: Saccharin, Farbstoff: Riboflavin. Kann Spuren von Gluten enthalten.
Zutaten:
Kartoffeln 38%, rote Kartoffeln 38%, Sonnenblumenöl, Meersalz 1,2%. Enthält Spuren von Mich und Gluten.
Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter, fettarmes Kakaopulver, Butterreinfett, Emulgator (Sojalecithin), Aroma, Vollmilchpulver, Kakao: 70% mindestens. Kann Weizen enthalten.
„Aber meine Ernährungsberaterin hat gesagt, dass ich keine Spuren essen darf!“
– diesen Satz höre und lese ich oft. Und da hat sie auch Recht! Mit Zöliakie dürfen wir kein Gluten und auch keine Spuren davon essen.
Der Spurensatz auf einem Produkt hat jedoch nichts mit tatsächlichen Spuren zu sein. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Ja, du brauchst einen separaten Toaster und deine eigene Marmelade. Der Spurensatz auf einem Produkt kann jedoch ignoriert werden, weil er nichts über wirklich enthaltene Spuren aussagt.
Weitere Beispiele für Produkte mit dem Spurensatz
Zutaten
Kann Spuren von Weizen, Ei, Soja, Sellerie, Senf und Sesam enthalten.
In diesem Produkt ist keine glutenhaltige Zutaten enthalten. Es besteht keine erhöhte Kontaminationsgefahr. Es gibt kein verstecktes Gluten. Wäre etwas glutenhaltiges in dem Produkt enthalten – so müsste es auf der Zutatenliste stehen. Der Spurensatz kann – wie immer – ignoriert werden. Das Produt ist deswegen glutenfrei.
Anmerkung: Modifzierte Stärke ist immer glutenfrei, solange nichts dabei steht. Ansonsten würde es lauten „Modifizierte Weizenstärke“ oder „Modifizierte Stärke (Weizen)“.
Zutaten
Kann Gluten und Milch enthalten.
Zutaten
Kann Spuren von GLUTEN und SESAM enthalten
Zutaten
Kann Spuren von Erdnüssen, anderen Schalenfrüchten, glutenhaltigem Getreide, Milch und Ei enthalten.
Was bedeutet der Spurensatz bei Mehlen und bei Produkten mit einem hohen Anteil an Mehl?
Von Kontamination spricht man dann, wenn ein eigentlich glutenfreies Lebensmittel mit etwas glutenhaltigem in Kontakt kommt und dieses somit versehentlich Gluten enthält.
Ein Beispiel dafür ist Mais. Mais, Maismehl und Produkte daraus sind prinzipiell glutenfrei. Maismehl wird jedoch in vielen Betrieben in den selben Mühlen, wie anderes Getreide gemahlen. Dadurch besteht ein erhöhtes Risiko einer Kontamination.
Bei diesen Produkten solltest du deswegen nur dezidiert glutenfrei gekennzeichnete Versionen konsumieren. Mit dem Spurensatz hat das allerdings nichts zu tun.
„Enthält Spuren von Gluten“, „Kann Gluten enthalten“ – was bedeutet das?
- „Kann Spuren von Gluten/Weizen etc. enthalten“ oder
- „Enthält Spuren von Gluten“ oder
- „Kann Gluten enthalten“
auf der Packung steht ist nicht relevant. Selbes gilt für „Kann Spuren von Weizen enthalten“ etc. Je nach Hersteller unterscheidet sich die Formulierung des Hinweises. An der nicht vorhandenen Aussagekraft ändert das allerdings nichts.
Wichtig ist, dass der Spurenhinweis nach dem Ende der Zutatenliste angegeben ist (also nach dem Punkt der letzten enthaltenen Zutat).
Soll ich nur Produkte ohne Spurenhinweis essen, um ganz sicher zu sein?
Diese Frage bekomme ich öfters gestellt. Ich esse Produkte mit Spurenhinweis. Mit der fehlenden gesetzlichen Regelung sehe ich keinen logischen Grund auf Produkte mit Spurensatz zu verzichten.
Denk auch daran, wie sehr bei der Produktion von Lebensmitteln, schon aufgrund von gesetzlichen Vorgaben, auf eine sorgfältige Reinheit und Hygiene geachtet wird.
Ab und zu treffe ich Zölis, die auf Produkte mit dem Spurenhinweis verzichten. Ich finde das eine unnötige, zusätzliche Einschränkung. Unternehmen sind nicht verpflichtet den Spurensatz anzugeben. Deswegen:
Im vollkommen identen Produkt kann einmal der Spurenhinweis angegeben und einmal weggelassen worden sein. Warum sollte ich
dann das Produkt mit dem Spurenhinweis nicht essen und das andere schon?
Auch die Deutsche Zöliakie Gesellschaft schreibt auf ihrer Webseite:
„Diese sog. Spurenkennzeichnung ist rechtlich nicht geregelt und lässt jedem Hersteller die Freiheit einen Warnhinweis auf das Produkt aufzubringen oder darauf zu verzichten.“
Die ganze Stellungnahme der DZG kannst du hier nachlesen. Update: Leider ist die Seite inzwischen nur noch für Mitglieder:innen der DZG aufrufbar.
Merk dir:
Der Spurensatz ist nicht gesetzlich geregelt und hat deswegen keine Aussagekraft.
Auf einem identen Produkt kann einmal der Spurensatz aufgedruckt sein oder auch nicht.
Der Spurensatz sagt nichts über tatsächliche Spuren aus, sondern dient lediglich als Absicherung der Hersteller.
Der Spurensatz kann von uns Zöliakie Betroffenen einfach ignoriert werden.
Das ist ein weiterer Beitrag zu meiner #FridayFacts Serie. Jede Woche Freitag beantworte ich deine Fragen rund um die Diagnose, das Leben mit Zöliakie und das sichere glutenfreie einkaufen.