Interview mit Aurélie von itsglutenfreebaby: Mein Sohn hat Zöliakie!

Bei ihrem ältesten Sohn wurde mit 2 Jahren die Diagnose Zöliakie festgestellt. Genau das war die Motivation von Aurélie ihren glutenfreien Insta- und Youtubekanal zu erstellen. Die Mama- Bloggerin gibt wertvolle Tipps für den glutenfreien Familienalltag, stellt Produkte vor und sprüht einfach so vor guter Laune. Heute ist Aurélie bei mir im Interview und erzählt, wie die Diagnose ihres Sohnes für sie und die ganze Familie war, wie sie heute mit der Zöliakie umgehen und welche Tipps sie für andere glutenfreie Familien hat. 

1| Liebe Aurélie, stell dich gerne vor.

Liebe Jenni, ich freue mich mega, dass ich dir und deinen Lesern einen Einblick in unser Leben geben darf. Herzlichen Dank dafür. Ich bin selbst ein Fan von deinem Blog und bin froh, dass sich unsere Wege gekreuzt haben.

Zu meiner Person, ich bin Aurélie, 36 Jahre jung, verheiratet und Mama von zwei wundervollen, gesunden Jungs. Von Natur aus bin ich ein gut gelaunter Mensch und sehe immer das Positive. Ich liebe es Menschen mitzureißen, Mut zu machen und zu motivieren. Es ist schon aufregend, dass wir aus unserem Leben machen können was wir wollen. Es ist der reine Luxus. Ich liebe gutes Essen sowie dessen Zubereitung und Reisen. Seit einiger Zeit habe ich auch eine weitere Leidenschaft entwickelt das Filmen und Fotografieren. Darum habe ich vor kurzem mit einem Film-Kurs angefangen.

Momentan bin ich in Elternzeit und arbeite sonst als Prozess- und Projektmanagerin im Import und Export für ein globales Unternehmen.

Aurélie mit Familie

2|Wie war die Zöliakie Diagnose von deinem Sohn für euch als Familie?

Bei unserem Ältesten wurde mit 2 Jahren Zöliakie diagnostiziert. Das war im Januar 2019.

Als allererstes waren wir erleichtert und froh endlich eine Diagnose bekommen zu haben. Wir haben so viele Wochen ja sogar Monate um unseren kleinen Mann gebangt.

Wir wussten nicht mehr weiter. Uns wurde sooft gesagt, dass unser Sohn gesund ist und sich nur von einer Magen-Darm-Grippe erholen muss. Er war abgemagert, hatte aber einen großen aufgeblähten Bauch, fiel beim Laufen vor Schwäche um, war sehr launisch und weinerlich, wollte nicht mehr Spielen, nur noch kuscheln und vorgelesen bekommen. Er war nicht mehr er selbst. Als wir dann anfingen uns über diese Autoimmunkrankheit schlau zu machen haben wir uns erstmal hilflos bzw. erschlagen gefühlt.

Zuerst mussten wir als Paar den gleichen Wissensstand bekommen und verstehen was auf uns zukommt. Als ich meinem Mann davon erzählt habe fing ich an

„und wir müssen die Küchengeräte neu kaufen und die Holzutensilien und und und….. „

Er dachte ich übertreibe gnadenlos.

Ich denke es hat uns enger zusammengebracht und stärker gemacht. Wir hatten ein wichtiges Thema wo es darum ging alles Wissen sich anzueignen und umzusetzen. Wir haben gemeinsam meine Koch- und Backmisserfolge meistens gegessen und uns Mut gemacht. Ich habe mir sonstige Szenarien ausgemalt wie es sein wird wenn unser Zöli in die Pubertät kommt und sich nicht outen will oder eben auch Döner und Burger essen mag wie die Anderen. In dem Alter möchte man ja ganz normal sein. Mein Mann ist da sehr pragmatisch.

„Er ist ein Junge. Wir machen da nicht so ein tamtam. Wir sagen Alter ich kann kein Gluten essen also lass dir was anderes einfallen wo wir essen gehen können.“

Mir ist es wichtig unsere Jungs so zu erziehen, dass sie für Ihre Bedürfnisse einstehen können. Ich denke, dass dies auch besonders wichtig für Mädchen ist die ständig gefallen wollen.

Es war auch schön zu sehen wie unsere Familie und Freunde uns unterstützt haben und anfingen sich immer mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen und mit glutenfreiem Backen und Kochen anfingen.

3| Wie geht es euch heute mit der Zöliakie?

Für uns ist es mittlerweile normal. Wir sind sicher organisierter und strukturierter als manch andere Familie, die nicht auf Gluten achten muss. Aber das hat ja auch seine Vorteile. Vorkochen oder auch Mealprep, wie man es gerne nennt, macht uns das Leben um einiges leichter. Bevor wir irgendwo hingehen, wissen wir wo und meist schon was wir essen (#Vorfreude). Ich bereite gerne alles frisch bzw. selbst vor, bin aber auch realistisch, dass ich einige gekauften Fertigprodukte in der Tiefkühltruhe habe.

Es gibt manchmal immer noch Situationen wo es mir das Herz zusammenzieht. Anstatt aber in Mitleid zu verfallen, denn es gibt nichts zu bemitleiden. Ich habe zwei wundervolle und gesunde Kinder. Wir brauchen keine Medikamente, Behandlungen wie Bestrahlung oder sonstiges. Wir sind dankbar, dass wir so gesunde Kinder haben. Durch unseren achtsamen Umgang mit unserer Ernährung sind wir sicher auch noch gesünder als zuvor unterwegs (#Pluspunkt).

Aurélie von itsglutenfreebaby

Doch wenn nach wenigen Sekunden solch ein unschönes Gefühl kommt, mache ich folgendes: Zum Beispiel hatte ich das als ich mal an einer kleinen Bäckerei vorbei gelaufen bin. Dann nutze ich dieses Gefühl, diese Energie, indem ich etwas positives daraus mache.

Warum macht mich das traurig? Weil mein Kind nicht in einer Bäckerei frische Backwaren kaufen kann? Blödsinn! Ich kann alles Backen oder Bestellen. Wir (oder später er) könnten irgendwo hinziehen wo es eine Bäckerei gibt oder ein (Franchise)Unternehmen überzeugen, dass es lukrativ wäre genau bei uns so eine glutenfreie Bäckerei hinzustellen oder ich mache selber eine auf. Es gibt immer Möglichkeiten und Alternativen, die vielleicht noch besser sind als das Original. Mit offenem Geist durch das Leben gehen und auch mal anders Denken ist nicht verkehrt.

4| Mich würde auch interessieren, wie ihr die Zöliakie im Alltag handhabt. Kochst du für deinen Sohn separat oder für alle glutenfrei? Wie bewahrt ihr eure glutenfreien und glutenhaltigen Lebensmittel und Kochutensilien auf?

Für unseren Sohn koche ich das Essen nach, was es bei ihm im Kindergarten gibt. Mir ist es wichtig, dass er sich nicht als Sonderling fühlt und ungefähr das Gleiche bekommt. Mein kleiner Großer ist immer sehr stolz auf sein Essen. Er weiss, dass ich es mit Liebe extra für ihn zubereitet habe. Das findet er toll und ist dankbar. Ich bekomme den Essensplan für die nächsten 4-6 Wochen vom Kindergarten. Somit kann ich gewisse Sachen wie Saucen, Suppen, Kuchen und Fleisch vorkochen und einfrieren, das macht es etwas einfacher. 

Zuhause essen wir alle das Gleiche.

Sprich, wir haben hauptsächlich einen glutenfreien Haushalt. Mir war ein Mischhaushalt zu gefährlich falls ich doch mal etwas auf einem Holzbrett schneide oder einen Kochlöffel aus Holz benutze. Vielleicht ändert sich dies auch mal, aber so fühlt es sich momentan richtig an.

Wichtig ist mir vor allem auch, dass wir uns vollwertig ernähren. Am Anfang vergisst man das vielleicht weil man froh ist zumindest etwas glutenfreies gefunden zu haben. Es gibt viele glutenfreie Vollkornprodukte wie Hirse, Teff, Hafer, Buchweizen und Vollkornreis. Als ich das Glück hatte Schwangerschaftsdiabetes zu haben, konnte ich den Aspekt der vollwertigen Ernährung durch die richtige Motivation (nicht Insulin Spritzen zu müssen) bei unserer Ernährung gut umsetzten.

Falls wir etwas mit Gluten zuhause haben, kommt es in eine Box auf den Kühlschrank aus dem Blickfeld und Reichweite der Kinder. Falls wir unterwegs sind und es gibt zum Beispiel auch glutenhaltiges Essen, kniee ich mich zu unserem Sohn und sage ihm unauffällig „da ist Gluten drinnen mein Schatz“.

Aurélie mit Familie

Er weiß, dass er generell fragen muss ob es glutenfrei ist. Das finde ich im Alter von 4 ok. Auch wenn er keine Zöliakie hätte würde ich erwarten, dass er fragt ob er was zu Essen haben kann und sich nicht selbst bedient.

Essen ist für mich ein wichtiges soziales Ereignis. Wir setzten uns als Familie an einem Tisch (oder Picknickdecke) zünden vielleicht ein oder zwei Kerzen an und essen gemeinsam, tauschen unsere Gedanken und Erlebnisse des Tages aus. Bei uns gibt es Frühstück, ein zweites Frühstück, Mittagessen, Vesper und Abendessen. Wie einige sagen, wir sind eine verfressene Bande ;).

5| Du bist ja neben Instagram auch auf Youtube aktiv und veröffentlichst regelmäßig Videos. Was war und ist deine Motivation für deine Social Media Accounts?

Nachdem ich den Anruf mit der Diagnose vom Arzt bekommen hatte, habe ich als erstes auf Youtube geschaut was ist denn Zöliakie. Da bin ich auf einen Bericht gestoßen über eine Familie mit einem Jungen der Zöliakie hat. Es hat mir das Herz gebrochen. Mir persönlich kam es so vor, dass die Medien den „Zöli“ als schwachen Sonderling zeigten, selbst in der Familie hatte ich das Gefühl wurde er ausgegrenzt. So ein Bild will ich meinem Sohn und unserer Umwelt nicht zeigen. Die Krankheit Zöliakie macht einen Menschen nicht aus. Es macht weder Schwach noch sonderbar und ganz gewiss wird man dadurch kein Außenseiter oder Opfer.

Am Anfang ist die Umstellung etwas herausfordernd. So wie das nunmal so ist, wenn man was Neues anfängt und noch nicht alles weiß. Ich dachte mir so geht es anderen Betroffenen auch. Darum habe ich noch im Wochenbett von meinem zweiten Sohn mein erstes YouTube Video gefilmt und hochgeladen. Ich möchte Mut machen. Helfen und zeigen wie die Umstellung ohne größere Schwierigkeiten klappt, dass man ein wundervolles, erfülltes Leben leben kann ohne dass die Zöliakie im Mittelpunkt ist. Es ist immer noch möglich zu verreisen, essen zu gehen und ein soziales Leben zu haben und das außerordentlich genussvoll und glücklich.

 Mein Antrieb weiter zu machen und auch größer zu denken ist auf jeden Fall das positive Feedback. „Wir haben gerade die Diagnose bekommen, danke dass du uns die Angst genommen hast.“ Bei so einer Nachricht bekommen ich jedesmal Gänsehaut. Ich bin so dankbar dass ich unterstützen darf. Jeder möchte das Beste für sein Kind, das ist sicher auch eine meiner Motivationen. Zöliakie bekannter zu machen und (vollwertige) glutenfreie Produkte und Unternehmen zu fördern spielt dabei auch eine Rolle.

Durch diese ganzen Erfahrungen habe ich auch meine Zöliakie Coaching und Beratungsmodule für ein glückliches, genussvolles und glutenfreies Leben gestartet. Hierbei berate ich meine Klienten rund um das Thema Zöliakie.

6| Zu guter Letzt: Welchen Rat hast du an Eltern mit einem frisch diagnostizierten Kind mit Zöliakie?

Keine große Nummer draus machen. Positiv über die Krankheit und dessen Herausforderungen vor dem Kind reden (nicht negativ!). Positiv und offen reden, die Zöliakie alters entsprechend erklären (dazu gibt es tolle Bücher). Ich sage meinem Bub immer es gibt alles auch glutenfrei, wenn du etwas bestimmtes möchtest dann sag es mir. Zusätzlich habe ich immer was glutenfreies und besonders leckeres dabei wenn wir unterwegs sind. Wobei es mittlerweile überall etwas zu kaufen gibt. Besonders lecker bedeutet nicht unbedingt etwas zuckerhaltiges. Gerade am Anfang mag man vielleicht durch Süßigkeiten etwas kompensieren doch es gibt sicher auch gesunde Alternativen.

Am Anfang ist alles Neu und dann wird es zur Normalität. Es braucht ein bisschen Zeit aber das ist ok. Nicht zu streng mit sich sein. Es ist ok wenn man nicht alles selber backt und kocht. Am Ende wird alles gut.

Gut tut auch sich mit gleichgesinnten auszutauschen, das verbindet und macht stark. Ob das nun über Instagram oder eine andere Soziale Plattform läuft. Ich habe so viele wunderbare und wertvolle Bekanntschaften gemacht, die ich heute nicht mehr missen möchte. Wer weiß, vielleicht ist es der Beginn einer wundervollen Freundschaft oder Leidenschaft? Ich beantworte gerne Fragen und tausche mich mit Gleichgesinnten aus.

Liebe Aurélie, danke für das wunderbare Interview mit dir und den Einblick in euer Familienleben mit Zöliakie!

Aurélie von itsglutenfreebaby

Aurélie nimmt uns auf ihrem Instagram Account  und Youtube Kanal mit in ihr Leben als Zöli-Mama.

Sie gibt Tipps zum glutenfreien Familienleben, testet glutenfreie Produkte und Supermärkte und verbreitet vor allem richtig gute Laune. Ihre positive Einstellung zur Zöliakie Diagnose ihres Sohnes ist ansteckend und motiviert Eltern mit Zöli-Kindern.

Die Diagnose Zöliakie ist eine Herausforderung, aber mit der richtigen Einstellung durchaus machbar oder wie Aurélie sagt: „Es ist immer noch möglich zu verreisen, essen zu gehen und ein soziales Leben zu haben und das außerordentlich genussvoll und glücklich.“

 

Jenni Marieni

Hallo! Ich bin Jenni.

Zöli. Mutmacherin. Entdeckerin. wienverliebt.

Mit meinem Blog möchte ich dir Tipps für das Leben mit Zöliakie geben und dir Mut machen, auch mit einer Autoimmunerkrankung das Leben so richtig zu genießen. Meine Liebe zu Wien ist hier genauso Thema, wie Erlebnisse aus meinem Alltag und glutenfreie Entdeckungen.