Meine Erfahrungen als Mehrfachintolerante fängt schon vor langer Zeit an. Wie schreiben das Jahr 2008. Nach meiner Zeit als Au-pair in Australien bin ich gerade in meine erste eigene Wohnung – sprich Studentenheim – nach Oberösterreich gezogen. Die Studienzeit begann! Die Gemeinschaftsküche habe ich damals allerdings möglichst gemieden. Als „richtige“ Studierende hab ich mich eher von Brot und Marmelade und Fertig-Mikrowellen-Gerichten ernährt.
diagnose 1: Laktoseintoleranz
Schnell war klar: Das morgendliche Cornflakes-Frühstück hat mir nicht gut getan. Kaffee konnte ich auch nicht mehr trinken. Kakao noch weniger. Der Übeltäter war die Milch, bzw. genauer gesagt die Laktose. Schnell war die Diagnose Laktoseintoleranz da.
Damals gab es noch nicht so viele laktosefreie Ersatzprodukte. Dennoch bin ich gut mit der Laktoseintoleranz zurecht gekommen.

Diagnose 2: (Selbst-) Diagnose Histaminintoleranz
Kopfschmerzen, Hitzewallungen, Müdigkeit. Immer wieder. Immer öfter. Zusätzlich hatte ich einen spannenden, aber intensiven Job, für den ich jeden Tag etwa 2 Stunden pro Strecke gependelt bin und noch mein Studium. Gesundheitlich ging es mir immer schlechter. Jeder Tag war ein Kampf. Ich war immer müde. Dauernd erschöpft. Ständige Kopfschmerzen. Ein ständiges Hitzegefühl. Der Hausarzt hat mich damals wegen den starken Kopfschmerzen zur Neurologin überwiesen.
Dort bin ich in Tränen ausgebrochen. So stark haben mich die ständigen Schmerzen damals belastet. Ihre Diagnose: Depression. Bitte was?

Ich war wie taub. Irgendwie in Schockstarre. Depression? Ich? Zwei, drei Tage habe ich tatsächlich die Antidepressiva genommen, irgendwie in der Hoffnung, dass jetzt alles besser wird, ich endlich einen Tag ohne Kopfschmerzen erleben würde.
Dann habe allerdings ganz deutlich in mir gespürt: Nein. Ich bin nicht depressiv. Meine Symptome kommen nicht von einer Depression. Ja, mir ging es damals schlecht. Ich hatte ständige Schmerzen und körperliche Beschwerden, fühlte mich hoffnungslos und nicht Ernst genommen. Aber depressiv? Nein. Ich mochte meinen Job, mein Studium, meine Beziehung. Hatte immer noch Freude an kleinen und großen Dingen und war – trotz allem – grundsätzlich positiv gestimmt.
Immer mehr habe ich mich dann mit der Ernährung beschäftigt. Habe entdeckt, dass die Beschwerden meistens direkt nach dem Essen auftreten. Schritt für Schritt hatte ich bemerkt, dass mir bestimmte Lebensmittel nicht gut getan haben. Irgendwann kam ich dann – nach viel Recherche – auf die Histaminintoleranz.
In Finnland habe ich es dann einfach probiert
Stundenlang habe ich mich damals eingelesen. Mein Arzt war damit überfordert. „Probieren Sie es einfach mal“ – so die Aussage damals. Gesagt getan. Ich habe mich für eine sogenannte „Auslassdiät“ oder auch „Eliminationsdiät“ genannt, entschieden.
Inzwischen war ich mit dem Studium fertig. Der Job war auch gekündigt. Nach ein paar Wochen Urlaub bin ich damals nach Helsinki gezogen. Dort habe ich meine Auslassdiät begonnen.
Das ist bald 10 Jahre her. Ich kann mich nicht mehr in allen Einzelheiten daran erinnern. Woran ich mich allerdings sehr deutlich erinnere: Es ging mir bereits nach wenigen Tagen und Wochen deutlich besser und auch daran, dass meine finnischen Arbeitskollegen immer wieder über meine „komische Diät“ den Kopf geschüttelt haben.
Nach und nach habe ich dann weitere Lebensmittel in meine Ernährung aufgenommen. So konnte ich mich Schritt für Schritt herantasten und testen, was ich vertrage. Inzwischen gibt auch immer mehr speziell histaminarme Produkte, wie beispielsweise die No!mato Soße von histaminikus*.
Nach der Zeit in Finnland ging es mir gesundheitlich besser als je zuvor. Ich habe nach und nach gelernt, histaminarm zu kochen. Nach der ersten Umstellung war das durchaus machbar und abwechslungsreicher, als anfangs befürchtet.
Diagnose 3: Zöliakie
2017 kam dann noch die Zöliakie dazu. Mehr durch Zufall bzw. durch ein Familienscreening. Symptome hatte ich nie. Anfangs habe ich gar nicht gewusst, was die Diagnose wirklich bedeutet. Das kam erst nach und nach.
Es reicht nicht, einfach aufs Brot zu verzichten
Nachdem ich realisiert habe, dass es nicht reicht einfach kein Brot mehr zu essen, sondern die Autoimmunerkrankung mein ganzes Leben verändern wird, war es doch eine deutliche Umstellung. Einer der meisten Sätze, die ich damals hören durfte: „Was kannst du denn überhaupt noch Essen?“.
Der Lieblingssatz aller Zölis. Nicht. Auch wenn es anfangs tatsächlich nicht so gewirkt hat, auch mit Zöliakie, Laktoseintoleranz und Histaminintoleranz lässt es sich wunderbar leben und genießen. Ja, es gibt noch genügend Lebensmittel, die ich gut vertrage! Die ersten 6 Monate mit Zöliakie waren allerdings eine Herausforderung für mich.
Die Zöliakie kann man nicht mit einer Laktoseintoleranz vergleichen
Während es bei der Laktoseintoleranz und bei der Histaminintoleranz ein Abwägen ist, ob ich etwas esse – „Ist es ein Glas Rotwein und die Pizza mit Käse es wert, wenn ich dafür morgen Kopfweh habe?“ – bedeutet die Zöliakie Diagnose eine strikte, lebenslange glutenfreie Ernährung. Die Zöliakie unterscheidet sich dadurch wesentlich von der Laktose- und Histaminintoleranz. Da gibt es keine Ausnahmen. Kein „Das bisschen vertrag‘ ich schon“. Keine Tabletten dagegen.
Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, die bei falscher Ernährung gravierende gesundheitliche Folgeschäden auslösen kann. Auswärts Essen ist zu etwas besonderem geworden und auch die teils – entschuldige – blöden Kommentare von Mitmenschen sind manchmal eine Herausforderung.
Wie lebe ich mit 3 Unverträglichkeiten?
Meistens gut. Zuhause sind alle drei Unverträglichkeiten gut machbar. Inzwischen weiß ich genau was ich essen kann und was nicht. Ich koche automatisch glutenfrei, laktosefrei und histaminarm. Das war anfangs aufwendig. Inzwischen ist es für mich normal.
Es ist ein Auf und Ab
Mit der Histaminintoleranz gibt es vereinzelt immer wieder Tage, an denen das Kopfweh wiederkommt, wenn auch nur in leichter Form. Da habe ich dann in der Regel aber etwas stark glutenhaltiges gegessen oder bin sehr gestresst.
Seit der Zöliakie Diagnose habe ich das Gefühl, dass meine HIT deutlich besser geworden ist. Vielleicht fällt es mir nach den vielen Jahren einfach nur nicht mehr so auf? Und auch sonst haben die Diagnosen auch positive Seiten, ich ernähre mich beispielsweise deutlich gesünder und vor allem bewusster.
Auswärts Essen ist dagegen immer wieder eine Herausforderung. Oft bin ich froh, wenn ich etwas sicheres glutenfreies finde. Auf die Laktose- und Histaminintoleranz kann ich da nicht immer Rücksicht nehmen. Das merke ich manchmal direkt, oder dann am nächsten Tag. In Wien habe ich Glück, da gibt es ein paar sichere Essensoptionen – auch mit Mehrfachunverträglichkeiten. Unterwegs auf Reisen koche ich inzwischen am liebsten selbst.
Mein Leben hat sich verändert. Mit und durch die Diagnosen. Trotz Auf und Abs der Gefühle lebe ich inzwischen auch als Mehrfachintolerante alles in allem sehr gut. Eine Wahl habe ich ohnehin nicht. Ich kann nur das beste aus den Diagnosen machen. 🙂