Corona & Zöliakie.
Zwei Wörter, die für die meisten Menschen nicht zusammengehören. Für mich schon. Wie sehr hat Corona mein Leben mit Zöliakie beeinflusst? Wie hat mir die Zöliakie die letzten Monate mit Corona leichter oder schwerer gemacht?
Ein Rückblick: Ein Jahr Corona und Zöliakie – wie hat sich mein Leben verändert und wofür bin ich dankbar, trotz dieser schrecklichen Pandemie?
Weltweit haben sich etwa 170 Millionen Menschen mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert. Diverse Mutationen breiten sich rasend schnell aus. Mehr als drei Millionen Menschen sind bereits gestorben, in Österreich gibt es mehr als 10.000 Tote. Erschreckende Zahlen. Corona hat unser aller Leben verändert. Ich hab mir ein paar Gedanken gemacht, wie sehr und in welcher Weise die Covid-19 Pandemie mein Leben mit Zöliakie beeinflusst hat. Ein Rückblick.
Jänner – März 2020 | Der Anfang.
Schon seit ein paar Wochen höre ich immer wieder von einem Virus. Ich lese zwar die internationalen Nachrichten, Sorgen mache ich mir zu dem Zeitpunkt allerdings keine. Am 25.02.2020 wurden die ersten Coronafälle in Österreich gemeldet. Erst als es immer mehr Fälle dieser seltsamen Lungenerkrankung gibt, bin ich auch in Alarmbereitschaft.
Was ist dieses Virus genau? Wer kann sich anstecken? Ist es wirklich so gefährlich?
Mitte März kommt dann die Info von meiner Abteilungsleiterin: Ab morgen arbeiten alle von daheim! Ich hab zwar davor immer wieder mal einzelne Tage zu Hause gearbeitet, aber jetzt komplett den Arbeitsplatz verlagern, ist doch neu.

Und komplizierter als gedacht. Meine damalige Wohnung ist ziemlich klein. Ich arbeite am Schreibtisch im Esszimmer. Der Esstisch wird kurzerhand ins Schlafzimmer gestellt und zum zweiten Schreibtisch für meinen Freund umfunktioniert. Auf kleinstem Raum entstehen innerhalb weniger Tage zwei Arbeitsplätze. Vom Bett direkt an den Schreibtisch sozusagen. Gegessen wird fortan am Schreibtisch oder im Bett. Kleinstwohnung lässt grüßen!
Inzwischen häufen sich auch die Berichte von schweren Covid Verläufen. Die Bilder von überfüllten Krankenhäusern fluten den TV. Irgendwer stellt die Frage: Haben wir Zöliakie Betroffene ein höheres Risiko schwerwiegend an Corona zu erkranken? Die Zöliakie Gesellschaften der einzelnen Länder geben Entwarnung. Es gibt keine Anzeichen, dass die Zöliakie einen Einfluss auf eine Corona Erkrankung hat. In manchen Ländern zählt die Zöliakie als Risikogruppe. In Österreich zu dem Zeitpunkt nicht.
April – Juni 2020 | Mein Leben wird entschleunigt.
Das Arbeiten von zu Hause macht mir Spaß. Meine Arbeitszeiten sind flexibel und so unternehme ich in langen Mittagspausen kleine Wanderungen durch den Wienerwald. Die Bewegung tut mir gut. Auch fürs Mittagessen nehme ich mir viel Zeit und koche fast jeden Tag frisch. Das ist nicht nur bei der Zöliakie, sondern auch bei meiner Histaminintoleranz Gold wert. Abends sitze ich dann zwar lange noch an der Arbeit, aber viel anderes kann man momentan eh nicht machen.

Einkaufen gehe ich möglichst selten. Zu unsicher bin ich mir noch, wie ansteckend das Virus wirklich ist. Wöchentlich bekomme ich eine Biokiste mit frischem Obst und Gemüse, glutenfreies Gebäck bestelle ich bei Resch&Frisch oder bei Bofrost. In Wien herrscht, wie in vielen Städten und Ländern, Hefemangel und auch die glutenfreien Regale werden immer leerer. Zum Glück habe ich noch einige Vorräte zu Hause, die ich Stück für Stück aufbrauche.

Corona entschleunigt mein Leben – und es tut mir gut. Vor Corona war der Kalender voll mit „After-Work-Events“, Sportkursen und Freund*innen treffen. Das hat mich gestresst, ohne dass es mir wirklich bewusst war. Mir tut dieses langsamere, bewusstere Leben gut, ich merke, wie ich immer entspannter werde. Darf man das sagen, mitten in einer globalen Pandemie?
Ich weiß natürlich, dass ich in einer absolut privilegierten Situation bin. Mein Job ist krisensicher, ich habe keine Kinder, die ich zu Hause parallel betreuen muss und kann mich durch Home-Office und Lebensmittel online bestellen sehr gut vor einer Ansteckung schützen. Als introvertierter Mensch fällt es mir zudem leicht, mich zu Hause alleine zu beschäftigen.
Juli – August 2020 | Die Sehnsucht nach der Ferne steigt!
„Ich sehe Licht am Ende des Tunnels“ ..oder so ähnlich. Nach vielen Einschränkungen, Lockdowns, Hefemangelkrisen und zu Hause rumsitzen, steigt meine Reise- und Entdeckungslust immer mehr. Endlich raus, endlich etwas Neues erleben, endlich nicht mehr derselbe Alltag. Aber wohin? Und ist das sicher? Die Unsicherheit ist groß. Es gibt viele tolle glutenfreie Urlaubsziele. Während andere in den Süden fliegen, bin ich eher zögerlich. Ich habe großen Respekt vor einer möglichen Corona Infektion und möchte mich gut möglich schützen.



Schlussendlich entscheiden wir uns für einen Campingurlaub in Vorarlberg. Ein Camper ist schnell ausgeborgt und so erkunden wir 2 Wochen lang das Ländle und legen auch einen Zwischenstopp im glutenfreien Paradies Scheidegg ein. Kurz gesagt: Es war traumhaft schön und der perfekte Urlaub!



Wieder zurück in Wien fahren wir dann zum ersten Mal durch eine der neuen Corona-Teststraßen und gurgeln. Wer hätte damals gewusst, dass ich mich ein paar Monate später 3x pro Woche testen werde?
Im Sommer entscheiden wir uns auch – ziemlich spontan – umzuziehen. Die neue Wohnung ist größer, besser geschnitten und hat einen Geschirrspüler! Nach vielen Jahren Geschirr abwaschen, fühlt sich der Geschirrspüler einfach wie ein Lottogewinn an. Besonders, weil bald wieder der Lockdown beginnt und ich viel, oft und gerne koche.

September – Dezember 2020 | Hab ich mich angesteckt?
Im September ist es dann soweit. Von einem Tag auf den anderen fühle ich mich plötzlich krank. Schnupfen, Kopfweh, Husten, Übelkeit, leichtes Fieber. Am Tag davor war ich noch im Büro. Natürlich denke ich sofort an Corona. Wo könnte ich mich angesteckt haben? Und wen habe ich möglicherweise bereits infiziert?
Zu dem Zeitpunkt findet auch die Preisverleihung zum „Digital Health Heroes Award“ statt. Ich habe 2020 den Preis in der Kategorie „Zöliakie und Glutensensitivität – Sektion: Information (digital)“ gewonnen und mich sehr auf die Online-Verleihung gefreut. Bei der Probe war ich noch dabei. Den tatsächlichen Termin muss ich absagen. Mir geht es gesundheitlich einfach nicht gut genug. Ich bin enttäuscht und fühle mich schlecht. Gesundheit geht aber vor.
4 Tage später bekomme ich dann mein Ergebnis: negativ. Ich bin überrascht, aber auch erleichtert. Krank bin ich trotzdem noch und einige Wochen im Krankenstand. Den Husten schleppe ich noch einige Monate mit mir herum, müde bin ich auch die ganze Zeit.


Aber der Herbst hat auch schöne Momente. So hab ich meine Lust zum Backen wieder entdeckt und mir nach wochenlangen recherchieren und vergleichen eine Küchenmaschine gegönnt – als frühes Weihnachtsgeschenk an mich selbst. Inzwischen stellen auch immer mehr glutenfreie Restaurants in Wien auf Lieferservice um und so bin ich mal wieder wahnsinnig froh, in Wien zu leben und trotz Lockdown einfach glutenfreies Essen bestellen zu können.


Jänner – März 2021 | Ich bin müde.
Die nächste Welle kommt. Inzwischen hab ich aufgehört zu zählen. Ich bin müde. Auch die Diskussion rund um Lockdown, Fallzahlen und Spitalsbetten verfolge ich nicht mehr. Die ersten Monate 2021 sind turbulent bei mir. Gute und schlechte Dinge passieren. Es ist ein ständiges auf- und ab.

Ich halte mich an alle Vorgaben. Trotzdem habe ich keine Lust mehr auf all das. Den ganzen Jänner habe ich frei, überlege immer wieder spontan wegzufliegen. Aber die Vernunft hält mich zurück. So bleibe ich daheim. Ich dekoriere meine Wohnung um, kaufe über willhaben eine Menge Zimmerpflanzen, bekomme Ableger von Freund*innen und wandere sehr viel.
April – Mai 2021 | Der Frühling und die Eiseninfusionen bringen neue Energie.
Bei einer Kontrolluntersuchung wird ein extremer Eisenmangel bei mir festgestellt. Ich wundere mich, denn den letzten Mangel hatte ich vor meiner Zöliakie Diagnose. Nach drei Eiseninfusionen fühle ich mich wieder fitter. Die ersten warmen Tage im April genieße ich dann sehr.

Die regelmäßigen Corona Tests werden zur Routine
Inzwischen hat die Stadt Wien die Testkapazitäten ausgebaut. Es gibt gratis PCR Gurgel Tests für zu Hause – 4 Stück pro Woche. Inzwischen habe ich wohl mindestens 50 Corona Tests hinter mir – es wird langsam zur Routine.
Im April ändert dann die Stadt Wien die Kriterien für Impfung von Risikogruppen. Zöliakie zählt jetzt, als Autoimmunerkrankung, in Wien durch zur Risikogruppe und damit zur bevorzugten Impfgruppe. Anfang Mai bekomme ich dann meine erste Corona Impfung. Ich freue mich. Nebenwirkungen habe ich keine.
Irgendwann wird mir bewusst: Ein Jahr mit Corona ist vorbei. Wer hätte gedacht, dass sich unser Leben so verändern würde? Und wer weiß, wie es weitergehen wird?
Wie hat sich mein Leben durch Corona verändert?
Ich versuche mich ja immer auf die positiven Aspekte zu konzentrieren. Corona hat mich definitiv gelehrt, mich auf das Wesentliche zu fokussieren, mit weniger auszukommen, weniger Konsum, weniger Pflichtbesuche, weniger den Kalender vollzuschreiben.
Ich bin achtsamer geworden, habe in der vielen freien Zeit gut auf mich geachtet. Viel Bewegung gemacht, viel gesund gekocht, viel in mich investiert.
Dankbar bin ich auch über die neue Sicht aufs Home-Office. So werde ich auch „nach Corona“ vermehrt von zu Hause arbeiten und meine Zeit besser einteilen und viel kochen können. Ebenso, dass ich mich nicht infiziert habe und bereits geimpft bin. Dankbar bin ich auch für die vielen tollen Menschen, die Teil der kritischen Infrastruktur sind und uns alle mit ihrer Leistung beschützen.
Darüber hinaus bin ich wahnsinnig froh, in Wien zu leben. Auch wenn ich mich in den letzten Monaten immer mal wieder ins Grüne gesehnt habe, so wurde mir während der Pandemie bewusst, wie gern ich in Wien wohne und lebe und es als Zöli kaum eine bessere Stadt für mich geben könnte.
Wie ging es dir im letzten Jahr mit Corona? Hat sich dein Leben verändert? Welchen Einfluss hat die Pandemie auf dein Leben mit Zöliakie?
Schreib mir gerne einen Kommentar!
Dieser Artikel ist Teil der Blogparade „1 Jahr mit Corona und Zöliakie“ von Ann vom Blog getreidefeind. Schau auch bei dein anderen Teilnehmer*innen vorbei!